Andacht

Mal ehrlich! Liebe Besucherin, lieber Besucher!

Einsamkeit ist ein hartes Los. Wenn ich mich ganz allein fühle, dann bin ich arm dran.

Als Christen halten wir uns in einer solchen Situation daran fest: Wenigstens Gott ist an meiner Seite! Das ist ein Trost. Keine Frage.

Umso schwerer ist der Gedanke zu ertragen, dass auch Gott sich einmal von mir abwenden könnte. Die Bibel weiß um diese geradezu „absurde Situation", nämlich dass Gott sich vom Menschen zurückzieht. So heißt es in der Monatslo-sung für den September (Jeremia 23,23): „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?" Diese Vorstellung können wir Christen heute kaum mehr ertragen. Dass Gott sich abwendet, passt so gar nicht zu unserem Bild vom ausschließlich „lieben Gott."

Gott will uns nahe sein! Genau deswegen ist Gott in Jesus, dem Christus, ein Mensch geworden.

Und selbst Jesus schreit am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (vgl. Mt 27,46)

Gottes eigentlicher Wille ist es, mit uns Menschen zu leben. Er rettet uns aus unserer Gottlosigkeit. Sein eigentlicher Wille ist unsere Rettung aus der Einsamkeit, auch der Einsamkeit des Todes!

Allerdings gibt es wohl auch Momente, in denen sich Gott vom Menschen zurückzieht. Das ist so etwas, wie die „dunkle Seite" Gottes, die „un-eigentliche" Seite Gottes, die „Schattenseite" des Herrn. Sie macht mir bisweilen Angst, regt aber auch zum Nachdenken an!

Gottes eigentlicher Wille ist und bleibt, dem Menschen nahe zu sein! Manchmal denke ich: Gott ist halt auch nur ein Mensch und braucht mal seine Ruhe!

Aber eben nur einen ganz kurzen Augenblick lang. Dann „kriegt er sich wieder ein" und kehrt zu seiner „eigentlichen Haltung" zurück.

Gott ist mir grundsätzlich nahe. Seit seiner Offenbarung in Jesus Christus darf ich mich darauf verlassen. Gott sei Dank!

Ich wünsche Ihnen einen Herbst, in dem Sie immer jemanden an der Seite haben und grüße Sie herzlich,

Ihr Ralph Krieger, Dekan